Jedes einzelne Bundesland verwaltet sein eigenes Schulwesen und setzt andere Schwerpunkte als die restlichen Länder. Somit findet man in jedem Bundesland andere Schul- und Universitätsstrukturen, Prüfungsordnungen und Immatrikulationsregelungen.
Bis vor einiger Zeit waren die Deutschen noch sehr von Ihrem eigenen Bildungswesen überzeugt. Im Jahr 2002 sorgte die OECD mit ihrer Program for International Student Assessment (PISA)-Studie daher für Aufregung im Land, als sie die Fähigkeiten 15-jähriger Schüler testete und sich Deutschland im internationalen Vergleich nur auf einem unterdurchschnittlichen Platz wiederfinden konnte. Seit diesem nationalen Schock wurden einige Reformen im Bildungswesen in Angriff genommen.
Durch die Schulpflicht werden die deutschen Schüler gesetzlich verpflichtet mindestens neun Jahre (in manchen Bundesländern zehn Jahre) die Schule zu besuchen. Die Schulzeit beginnt für Kinder im Alter von sechs Jahren. Bisher sind der Schulbesuch und das Studium an Universitäten und Fachhochschulen kostenfrei, allerdings gibt es Pläne, Studiengebühren an Universitäten und Fachhochschulen einzuführen und nach und nach zu erhöhen.
Gleichberechtigung im deutschen Schulsystem
Anders als andere europäische Länder hat Deutschland sein Bildungswesen immer als gleichermaßen zugänglich für alle seine Bürger angesehen. Es gibt daher viele Schulen für Kinder mit geistigen und körperlichen Behinderungen, dagegen aber kaum Eliteschulen wie Frankreichs Grande Ecoles oder die britischen prestige-trächtigen Elite-Universitäten. (Mittlerweile gibt es aber auch in Deutschland Bestrebungen, spezielle Schulen für hochbegabte Schüler einzurichten.)
Trotz seines gleichberechtigenden Ansatz verteilt das deutsche Schulsystem alle Schüler im Alter von zehn Jahren – nach Beendigung der Grundschule – auf verschiedene weiterführende Schulen. Basierend auf den Fähigkeiten und Leistungen der Schüler, die diese in der Grundschule erbracht haben, werden die Schüler auf die verschiedenen Schultypen Gymnasium, Realschule und Hauptschule verteilt. Kritiker sehen diese Einstufung als zu früh angesetzt an und befürchten, dass die Begabung und die Fähigkeiten eines Kindes in diesem Alter noch nicht richtig beurteilt werden können. Aus diesem Grund haben einige Bundesländer sogenannte Gesamtschulen eingerichtet, in denen alle Schüler bis zur zehnten Klasse gemeinsam unterrichtet werden. Schüler, die an einer deutschen Universität studieren möchten, müssen entweder an einem Gymnasium oder an einer Gesamtschule das Abitur erlangen.
Kritiker des deutschen Bildungswesens beklagen, dass sich das Schulsystem hauptsächlich auf Karriere und schulische Höchstleistungen konzentriere, dabei aber (anders als an britischen oder US-amerikanischen Schulen) die Entwicklung der Persönlichkeit auf der Strecke bleibe. Viele deutsche Schulen bieten nur wenige Freizeitangebote neben dem regulären Stundenplan an. Sport- und Musikerziehung wird meistens von anderen Organisationen übernommen, wie Sportvereinen und Musikschulen.
Unterrichtsmethoden
Anders als in vielen anderen Ländern verläuft der Unterricht in Deutschland sehr förmlich. Außerhalb des Klassenzimmers besteht nur selten Kontakt zwischen Schülern und Lehrern. In manchen städtischen Schulen ist die abnehmende Disziplin der Schüler zu einem großen Problem geworden. Der Grund hierfür wird teilweise in den extrem hohen Anteilen an Migrantenkindern gesehen. In manchen Fällen machen die Kinder ethnischer Minderheiten mehr als die Hälfte eines Klassenzimmers aus.
Trotz dieser Probleme und der schlechten PISA-Ergebnisse sind die schulischen Standards in der Regel sehr hoch verglichen mit anderen Ländern. Deutsche Schulen waren unter anderem sehr schnell bei der Einbeziehung neuer Technologien und des Internets in den Unterricht. Viele Schulen bieten ihren Schülern Unterricht am Computer und sind mit modernen, schnellen Internetverbindungen ausgestattet.
Nach Beendigung der Schule entscheiden sich die Schüler entweder für eine Lehre, eine einzigartige deutsche Kombination aus praktischer Anleitung im Betrieb und theoretischem Unterricht in der Berufsschule, oder für ein Studium an einer Universität oder Fachhochschule. Beachten Sie bitte, dass deutsche Unternehmen fremde Ausbildungen und Abschlüsse oft nicht ohne weiteres anerkennen.