Das Ziel des SSN war ursprünglich ein effizientes und einheitliches Gesundheitssystem für die gesamte Bevölkerung, unabhängig von Einkommen, Sozialbeiträgen, Arbeit oder vorher vorhandenem Gesundheitszustand, zu schaffen. Der SSN bietet kostenlose oder sehr günstige medizinische Versorgung für alle Einheimischen und ihre Familien, sowie Universitätsstudenten und Rentner (auch solchen aus anderen EU-Ländern). Außerdem bekommen alle Besucher, unabhängig von ihrer Nationalität, falls nötig Notfallversorgung.
Der SSN wurde im Jahr 1998 vom INPS getrennt und direkt von der Zentralregierung über die IRAP Steuer ( Imposta Regionale Sulle Attività Produttive) finanziert. Diese Steuer wird von den Arbeitgebern im Namen der Angestellten bezahlt; Selbstständige bezahlen diese Steuer selbst. Sie müssen für das öffentliche Gesundheitssystem also keine direkten Beiträge oder Gebühren bezahlen, um als Einwohner in Italien oder als EU-Bürger die selbe medizinische Versorgung wie ein Italiener zu erhalten.
Wenn Sie also zur medizinischen Versorgung im Rahmen des SSN berechtigt sind, erhalten Ihre Angehörigen (diese werden auf Ihrer Karte aufgelistet) automatisch die selben Vorteile wie Sie selbst. Zu den Angehörigen zählen Ihr Ehepartner (sofern er oder sie nicht selbst versichert ist), Kinder unter 16 (bzw. unter 26, wenn sie studieren oder arbeitsunfähig sind), die Sie finanziell unterstützen und sonstige Familienangehörige und Verwandte (auch angeheiratete), sofern sie von Ihnen finanziell unterstützt werden und bei Ihnen wohnen.
Sollten Sie nicht zu staatlicher medizinischen Versorgung über die Bezahlung italienischer Steuern oder über eine staatliche Rente, die Sie von einem anderen EU-Land erhalten, berechtigt sein, müssen Sie für gewöhnlich eine private Krankenversicherung haben. Dies müssen Sie auch belegen können, wenn Sie eine Aufenthaltserlaubnis in Italien beantragen möchten. Sollten Sie bereits Pensionär sein und die europäische Staatsbürgerschaft haben, brauchen Sie das Formular E121, um ständig in Italien leben zu können. EU-Bürger, die pensioniert werden, bevor Sie sich für eine staatliche Rente qualifizieren, können eine zweijährige kostenfreie Krankenversicherung beantragen, indem sie sich beim zuständigen Sozialamt das Formular E106 besorgen. Wenn Ihre aktuelle Versicherung ausläuft, bevor Sie das Rentenalter erreicht haben, müssen Sie freiwillig Sozialversicherungsbeiträge bezahlen oder eine private Krankenversicherung abschließen.
Der SSN steht größtenteils unter der Kontrolle von regionalen Gemeinden und wird von den örtlichen Gesundheitsbehörden ( Azienda di Sanità Locale/ASL – oft auch bekannt unter dem früheren Namen Unità Sanitaria Locale/USL) verwaltet. Der SSN bietet viele Leistungen, wie beispielsweise Unterbringung und Behandlung in Krankenhäusern (inklusive Untersuchungen, Operationen und Medikamenten während des Aufenthaltes), Termine beim Hausarzt, spezielle medizinische Beratung von Fachärzten (zur Zeit Kinder- oder Frauenärzte), Arzneimittel, Laboruntersuchungen, Anwendungen, ambulante Betreuung und kostenlose Beratung beim örtlichen Gesundheitsamt ( consultorio).
Diejenigen, die beim SSN registriert sind, erhalten folgende Leistungen: kostenlose oder vergünstigte Medikamente, 75% Ermäßigung auf ambulante oder nachträgliche Behandlungen und Unterstützungszahlungen für bestimmte Zahnarztbehandlungen. Alle stationären Behandlungen, z.B. im Krankenhaus, sind im Rahmen des staatlichen Gesundheitsdienstes kostenlos. Viele medizinische Ausgaben werden über die Steuer vollständig oder teilweise erstattet. Dies beinhaltet auch die Kosten für Brillen, Hörgeräte und Besuche bei Fachärzten, weshalb Sie all Ihre Rezepte stets gut aufbewahren sollten.
Das italienische Gesundheitssystem legt seinen Schwerpunkt lieber auf die Behandlung und Genesung der Patienten, als auf Präventionsmaßnahmen und der allgemeinen Verbreitung von gesunder Lebensweise. So gibt es in Italien nur sehr wenige präventive medizinische Maßnahmen, wie zum Beispiel regelmäßige Gesundheitschecks. Außerdem hat der staatliche Gesundheitsdienst erst kürzlich die Gelder für ambulante Behandlungen, Pflegepersonal und medizinische Nachbehandlung, Altenpflege oder unheilbare und psychische Erkrankungen gekürzt. Dies hat zur Folge, dass das italienische Gesundheitssystem häufig wegen Dingen wie unangemessener medizinischer Behandlung aufgrund von Personalmangel und langen Wartelisten wegen fehlender Krankenhausbetten kritisiert wird.
Viele Probleme gehen auch mit der verkümmerten Bürokratie einher. Hier sind Dinge wie zum Beispiel falsches Management, grundsätzlich fehlende Organisation und schwindelerregend hohe Kosten zu nennen. Trotz der ständigen Verbesserungen und der immensen Fortschritte in den letzten 20 Jahren gibt es im italienischen Gesundheitssystem viele Probleme. So ist auch eine Gesundheitsreform in ständiger Diskussion und es ist wahrscheinlich, dass es in den nächsten Jahren entscheidende Veränderungen in diesem Bereich geben wird.